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Wege zur Lösung (5) … Lebenszyklus (Investitionen) – Phase 1

Nach der bahnbrechenden Erkenntnis, dass Erneuerbare deflatorisch sind, also immer billiger werden und Fossile inflatorisch, ist das nächste notwendige Puzzle-Teil zur selbst finanzierenden Lösung unserer Energiekrise das Verständnis wie ein Investitions-Zyklus funktioniert.

Hier werden die richtigen Hebel herausgearbeitet.

#Lösungs-Wissen-ist-Zukunftskompetenz.

von Marcus H.V. Lohr

Lesezeit: 8 Minuten (1.700 Wörter)

Dieser Blog sucht Lösungen der Probleme, die keine sein müssten. - Ein wichtiger Bestandteil unseres Ansatzes sind kluge Fragen, denn: „In einer klugen Frage liegt die halbe Antwort“.

 

Vereinfachend kann man den Zyklus der meisten Investitionen in 3 Phasen unterteilen.

ü  Phase 1: Vorbereitung

ü  Phase 2: Nutzung

ü  Phase 3: Nutzungs-Ende

Was bedeutet „Investition“ eigentlich? – Hier hilft ein Blick ins Wörterbuch (Wikipedia) zur Primärquelle. Die ist Latein und bedeutet „einkleiden“. Ich schaffe mit Hilfe einer Investition also rechtzeitig einen geeigneten Mantel, damit ich im Winter nicht frieren muss.

 

Und warum Zyklus – Kreislauf? Investitionen sind wie Pflanzen, sie müssen wachsen. Vom Einpflanzen des Samens über Ernte bis zu ihrem Tod.

Phase 1: Vorbereitung

Wenn wir uns jetzt mit der Vorbereitungsphase beschäftigen, so beginnt jedes Investitionsprojekt mit einer Idee und dem Wollen, diese Idee umzusetzen. Wie bei Pflanzen gibt es Engpassfaktoren. Die beginnen bereits vor dem eigentlichen Leben der Investition.

Die Hauptengpässe in Deutschland sind die enorm langen Genehmigungsverfahren und je nach Komplexität die langen Bauzeiten.

Nicht unerwähnt darf der Kapitalbedarf bleiben. Die Finanzierung einer Investition hängt von ihrer wirtschaftlichen Attraktivität und ihrem Risiko ab. Hier gibt es viele Beispiele, wie gute Investitionen verzögert oder verhindert werden. – Jeder Bauherr, der seit der Finanzkrise seit 2008 ein Zinsumfeld gewöhnt war, das Bauzinsen niedrig waren, weiß wie sehr allein 3 oder 6 Monate Verzögerung im Kriegs- und Energiekrisenjahr 2022 eine Kreditfinanzierung kaputt machen können, weil sich in dieser Zeit die Zinsen verdoppeln konnten.

Hinsichtlich Attraktivität und Risiko oder Risikolosigkeit schaffen unsere Markt-, Preisbildungs-, Abgaben- und Steuersysteme stetig neue Verzerrungen, die die Entfaltung einer selbstfinanzierenden Entwicklung wie in der Grafik „Deflation – Inflation“ dargestellt, erschweren, verzögern, verhindern

 

(Wir führen hier den Begriff Capex = Capital Expenditures für das lateinische Wort Investitionen ein, weil dieser uns hilft gescheit zu reden und in einer weiteren Phase den Begriff Opex = Operational Expenditures abzugrenzen, als operative Betriebskosten. Das ist sinnvoll für das Verständnis eines englischen Expertenslangs, so kann man also mitreden).

Bevor eine Investition in Deutschland so richtig funktionieren kann, dauert es zum Teil zwischen 5 und 10 Jahren. Je größer, je öffentlicher, je neuartiger eine Investition ist, desto länger dauert ihre Umsetzung. Aber jeder Bürger, der schon einmal eine Genehmigung angefragt hat, weiß, wie innovationsfeindlich und lösungsfeindlich eine Verwaltung sein kann. Jeder kennt Beispiele: vom Berliner Flughafen über den Bahnhof Stuttgart 21 zur Elbphilharmonie Hamburg hat fast jede größere Stadt ihr eigenes verwaltungstechnisches Waterloo in der Chronik.

Wenn wir also über Vorbereitungsphase reden, reden wir hauptsächlich über ZEIT und DAUER! Über nervenzehrende und -zerrende Amtsschimmel.

Und war da nicht der kluge Benjamin Franklin? „Zeit ist Geld!“

Der deutsche Amtsschimmel kostet uns durch seine Genehmigungsverzögerung mehr als wir an Lebenszeit im Stau verlieren, … aber das ist nur eine schnelle Schätzung aus Bauch und Hüfte.

Na klar, das Argument ist jeweils: Gründlichkeit ist wichtiger als Schnelligkeit.

Aber hier geht es speziell um Entscheidungen bezüglich Energie, geostrategischer Abhängigkeit, Klimawandel, usw. Da haben wir durch gründliches Wegsehen, Verzögern und Verbiegen der marktwirtschaftlichen Wirkmechanismen über mehr als 50 Jahre – wirklich GRÜNDLICH dafür gesorgt, dass wir jetzt etwas schneller werden müssen.

 

 

Vielleicht bezüglich des Klimas noch ein kleiner Einschub, der den Zeitdruck verdeutlicht.

Einschub: CO2-Kontingent

Klimawandel bedeutet Erderwärmung. Erderwärmung ist Treibhaus-Effekt. Das weiß man seit 1824 (Joseph Fourier). Treibhaus-Effekt ist hauptsächlich CO2 in der Atmosphäre. Das ist dort ähnlich träge wie wir Menschen und fühlt sich dort sehr, sehr lange sehr, sehr wohl und baut sich nur sehr, sehr langsam ab.

Man kann also CO2 in der Atmosphäre umrechnen in °C Erderwärmung. – Leider sind das „nur“ Modelle. Diese Modelle wurden in der Vergangenheit immer wieder modifiziert.

Und zwar immer in die negative Richtung. Man hat immer durch „wishful thinking“ und durch fehlende Daten zu positiv gerechnet. (Einschub: Eine Polarexpedition (Polarstern) des Alfred-Wegener-Instituts im Jahre 2019/20 wurde groß gefeiert, um Daten zu suchen, die wir nicht hatten, aber seit mindestens 50 Jahren gebraucht hätten. – Unsere Wetterstationen haben nicht genügend Mittel, um das Sensorik-Netz auf 1x1 km auszubauen. Stattdessen müssen die Modelle mit sehr groben Rastern von 10x10 km, und in Entwicklungsländern teilweise noch deutlich gröber arbeiten.

Das ist jetzt bewusst kein Wissenschafts-Bashing, sondern eine Erklärung. Wirtschaft ist mächtiger als Wissenschaft. Wissenschaft kostet Geld. Und Geld folgt in aller Regel der Rendite.

Mit Themen wie Klimawandel, der erst in 50 oder 100 Jahren so wirklich relevant wird, ist eben kurzfristig kein Geld zu verdienen. Daher sind die wissenschaftlichen Lücken so groß. Viel größer als sie sein müssten.

Umgekehrt, und zur Ehre der Wissenschaft, wissen wir seit langem, auf was es ankommt und es gibt ebenfalls seit langem Lösungen.

ü  Antike – Mittelalter        Der Mensch nutzt Wind

ü  1800 Alessandro Volta  Grundprinzip der Elektrolyse

ü  1824 Joseph Fourier      Verständnis des Treibhauseffektes

ü  1905 Albert Einstein      Photoelektrischer Effekt = Basis für Photovoltaik

ü  1960 Ronald Coase        Wie man Verschmutzung bepreisen sollte

ü  1972 Club of Rome         Die Grenzen des Wachstums

Das ist nur ein kleiner Auszug an wissenschaftlicher Er-Kenntnis, die wirtschaftlich jeweils um mehrere Jahrzehnte, teilweise Jahrhunderte unterdrückt wurde.

Es gibt keinen Mangel an Wissen und Erkenntnis. Es gibt nur Schwerhörigkeit und Schwerfälligkeit.

 

Scheinbar ist der träge Mensch nicht anders zu bewegen, als durch zeitlichen Druck. Den haben wir uns jetzt tatsächlich geschaffen. 

Warum Geschwindigkeit jetzt so wichtig ist

Mittlerweile wird in den Medien oft wiederholt, die Menschen wüssten um den Klimawandel. Allerdings sind wir in den letzten Jahren auch eine MINT-Wüste geworden. Das bedeutet, viel zu wenige haben noch ein solides Verständnis für Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Dazu kommen einige psychologische und sehr menschliche Einschränkungen zum Tragen. Der Mensch hat kein Sinnesorgan für exponentielle Entwicklungen. Gepaart mit der MINT-Schwäche und der Faulheit zum langsamen Denken (vgl. Kahneman), haben wir Exponentialität noch nicht einmal nach knapp 3 Jahren Corona verstanden.

Wir denken immer noch linear.

Angewandt an unseren Entwicklungspfad für unsere Zukunft bedeutet das: CO2-Neutralität so schnell wie möglich. Erinnerung: CO2 in der Atmosphäre braucht lange, bis es sich abbaut. Das ist so, wie die Vollbremsung eines Güterzuges oder Supertankers. Die romantische Idee, wir sind CO2-neutral und der Klimawandel sei Geschichte, ist genau das: romantisch. Aber grandios falsch.

Man sagt, dass nach 1000 Jahren immer noch 15 bis 40% in der Atmosphäre enthalten sind. Das ist alarmierend.

Jetzt zum linearen Denken.

Jedes weitere Kilo CO2, das wir ausstoßen sammelt sich an. Auf unserem Bremsweg (Abbaupfad) werden also weiter CO2-Mengen ausgestoßen. Die Zahlen sind übrigens groß: Jeder Deutsche stößt etwa 8 Tonnen aus und damit doppelt so viel, wie uns zusteht. Und übrigens das mehr als 100-fache des eigenen Körpergewichtes. – Man kann hier auch ethische Diskussionen führen, was wir an Erblast als Rucksack mit uns tragen. Wie auch immer: Hochgerechnet auf Deutschland reden wir dann über MEGA-Tonnen, das sind etwa 700 Millionen Tonnen.

Das bedeutet: Je länger unser Bremsweg ist, je zaghafter wir auf die Bremse treten, desto mehr CO2 gelangt noch in die Atmosphäre, desto weniger haben wir die Möglichkeit Technologieführer zu werden. Desto mehr werden wir mit Aufräumarbeiten beschäftigt sein, denn jede Flut kostet, jede Dürre kostet, jeder abgestorbene Baum kostet, jeder Kubikmeter sinkendes Grundwasser kostet, …

Das Problem ist nur: Diese Kosten trägt die Allgemeinheit. Die Profite streichen einzelne Lobbys ein. – Wie gesagt, hat Ronald Coase das bereits 1960 gelöst. Er hat dafür 1991 den Wirtschaftsnobelpreis erhalten und so langsam, 2022 – also nur den Wimpernschlag von 62 Jahren danach – beginnen wir mit einer CO2-Bepreisung, die endlich etwas marktwirtschaftliche Lenkungswirkung entfaltet.

 

Im üblichen linearen Denken sieht das dann so aus:

Aber dann hat doch wieder Berthold Brecht Recht: „Erst kommt das Fressen, dann erst die Moral.“ Leider können wir die Effekte ja auch nicht direkt messen. Und ob jetzt jedes Jahr eine Jahrhundert-Flut oder steppenartige Dürre kommt, … genug Stoff für Leugner und Verschwörungstheoretiker.

Also verzögern wir den Wechsel. Wir bleiben fest auf Kurs. Auf dem Holzweg, der nicht nachhaltig ist. Trägheit!

Das Ergebnis: Der Rucksack, den wir mitschleppen wird als noch größer.

Wir verlieren Zeit.

 

Wir verlieren indes Wettbewerbsfähigkeit des NEUEN, indem wir uns an das ALTE krallen.

Wenn wir allerdings noch eine Chance haben wollen, dann wäre es klug, jetzt etwas „mehr in unsere Klima-Zukunft“ zu investieren.

Das bedeutet „schneller, TIEFER, weiter“.

Das würde uns auch einen Platz ganz vorne in einer innovativen Weltwirtschaft sichern.

 

Das Geld, das wir in Fall 2 aufwenden müssen, wird viel größer sein als die Anstrengungen in diesem Fall.

Wir haben also gesehen, die Geschwindigkeit spielt eine Rolle. Und doch erlauben wir uns den Luxus in Deutschland Genehmigungen für saubere Energieanlagen verwaltungsamtlich auszubremsen. Die CDU-Wirtschafts- und Klimapolitik zeigte dies eindrucksvoll. Der Wirtschaftsminister Peter Altmaier wird als einer der teuersten Minister aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Er hat viele Menschen die Zukunft gekostet.

Schlussfolgerung für Phase 1: Vorbereitung

Wir müssen den Zubau sauberer Erneuerbarer Energien maximal beschleunigen. Speicher und Elektrolyse sind mitzudenken. Eine erneuerbare Industrie kann ein neues „Model of Excellence“ werden. … aber der Zug ist schon halb abgefahren.

Genehmigungsverfahren sind zu beschleunigen.

Bürger sind zu Gewinnern zu machen, statt zu Gegnern.

 

Die Verteilungsspielräume bei ehrlicher Bepreisung machen eine selbstfinanzierte Energie- und Gesellschaftswende möglich. Siehe hierzu erneut die Grafik: Deflatorische Erneuerbare – Inflatorische Fossilien:

Die LÖSUNG, jedenfalls ein Teil:

ü  maximale Beschleunigung der Amts-Schimmel,

ü  Schaffung selbstverstärkender Anreizsysteme,

ü  Bürgerbeteiligungen an der Rendite,

ü  Best Practices kopieren,

ü 

 

Gute Fragen

Warum brauchen wir so lange, bis Genehmigungs-Stempel geschnitzt sind?

Warum verkaufen wir in Deutschland als Autobauer Nummer 1 Autos mit den Attributen Größe, Stärke, Schnelligkeit … und die Verwaltung hat außer Größe keines dieser Attribute?

 

Warum kann man den Genehmigungsprozess nicht bürgerfreundlich und innovationsfreundlich umkehren?

 

Man könnte das Nudging verwenden, für das Richard Thaler in 2017 den Nobelpreis erhalten hat. – Sofern eine Verwaltung nicht innerhalb von z.B. 3 Monaten mit substantiierten (so heißt das im Juristen-Karaoke) Gründen ablehnt, gilt die Genehmigung als erteilt. – Im Strafrecht funktioniert das ja auch. Dort verjähren viele Verfahren – sehr Angeklagten-freundlich - , weil die Verwaltung nicht nachkommt aus einer Mischung von mangelnden Ressourcen, mangelnder Priorisierung, Überlastung und Inkompetenz.

 

Wie kann man Bürgerbeteiligung anders denken? Konstruktiv statt verhindernd?

ð  Die EWS Schönau (Elektrizitätswerke Schönau im Schwarzwald) entstanden in den 1980er Jahren nach Tschernobyl aus der Initiative von Bürgern, sich selbst mit Energie zu versorgen.

ð  Warum verbieten wir, das Dach eines Nachbarn für die Photovoltaik zu benutzen, deren Strom ein anderer Nachbar verwerten kann?

 

Wer kennt weitere Beispiele?

 

Welche Vorbilder haben wir, um Dinge zu beschleunigen?

ð  Elon Musk baut in 2 Jahren eine ganze Fabrik.

ð  Während der Energiekrise können wir innerhalb eines Jahres mehrere Flüssiggasterminals bauen, die bislang in irgendwelchen Schubladen vergammelt sind.

Wer hat weitere schnelle Beispiele?

 

Welche schlechten Beispiele gibt es?

ð  In Mainz wollte sich IKEA ansiedeln. Weil man so lange brauchte (es gab eine Umweltstudie hinsichtlich irgendwelcher geschützter Nager, die man später gegen Kopfgeld gejagt hat), gingen die weg.

Wer hat weitere langsame Beispiele?

 

Welche anderen Argumente gibt es als „Arbeitsplätze“ oder „Gewerbesteuer“?

 

Warum gibt es noch keine Möglichkeit für Sammelklagen, Abmahnungen und Dienstaufsichtsbeschwerden von Verhinderungsverwaltungen? 

 

 

Nächste Folge: Phase 2 - Nutzung

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